Die Eselfarm
ein kleines Paradies für Esel und Mensch
ein kleines Paradies für Esel und Mensch
Begonnen hat alles mit der Idee, einige der halb verfallenen kleinen Bauernhäuser, die einst von deutschstämmigen Siebenbürger Sachsen errichtet wurden, zu erhalten, zu renovieren und einer neuen Bestimmung zuzuführen. Im Jahr 2008 erwarb ich die ersten beiden Häuser, renovierte sie und baute sie zu Ferienunterkünften aus.
Zu den Häusern gehörte auch Land und zwei Jahre später hatte ich die Chance, ein kleines Tal, etwas ausserhalb des Dorfes, zu erwerben. So war ich plötzlich Landbesitzer und da wo früher Familien ihr Auskommen fanden, später die kommunistische Staatsfarm mit vielen Angestellten wirtschaftete, war fast 30 Jahre lang nichts mehr geschehen. Es entstand ein kleines Naturparadies, das allerdings mit Traktoren und modernen Maschinen nicht zu bearbeiten war. Alles war zugewachsen, uneben und verwildert. Ich begann, in mühesamer Kleinarbeit zuerst den Obstgarten wieder zu kultivieren und nach und nach auch die Wiesen.
Um dieses Land auch sinnvoll nutzen zu können, kam mir die Idee, für eine aussterbende alte Haustierrasse, den Eseln, ein Refugium zu schaffen. Früher zogen die Wanderschäfer mit ihren Herden über 1000e Kilometer zu neuen Weidegebieten und der Esel wurde als Lastentier genutzt. Diese Form der Schafhaltung – die sogenannte Transhumanz – gibt es heute nicht mehr und so verschwanden die Esel immer mehr von der Bildfläche oder standen einfach nutzlos im Stall oder angepflockt auf einer Wiese. Einige dieser Tiere, die von den Besitzern oft auch misshandelt und nicht gepflegt wurden, erwarb ich nach und nach von Schäfern. Vermutlich wären sie früher oder später beim Schlachter gelandet. Über die Jahre ist die Zahl auf derzeit zehn Tiere unterschiedlichen Alters angewachsen, dazu kam noch ein Maultier.
Viele der Tiere hatten gesundheitliche Beeinträchtigungen, die Hufe waren über Jahre nicht geschnitten worden, keine Behandlung gegen Parasiten. Daneben waren einige der Tiere wirklich misshandelt, geschlagen und ganz einfach nicht artgerecht gehalten worden. Wir versuchen nun, auf unserer Donkey Farm, diesen Tieren ein lebenswertes Dasein zu schaffen und sie entsprechend gut und richtig zu versorgen. Der Bau von sicheren Weiden, schattenspendenden Unterständen, wo die Tiere sich auch bei Schlechtwetter unterstellen können, vor allem aber die Versorgung mit bestem Heu, das ich selbst auf meinen Wiesen gewinne, beschäftigt uns das ganze Jahr über.
Während der Sommermonate organisiere und begleite ich auch Eselwanderungen über die herrlichen Hügel rund ums Dorf, was auch für die Tiere gesunde Bewegung und Abwechslung bedeutet. Auch wenn das Wandern mit Gästen natürlich auch ein wenig Einkommen schafft, wer denkt, ein Eselhof wäre ein „schlaues Tourismuskonzept“ irrt gewaltig. Wir halten die Esel aus reiner Leidenschaft für diese wunderbaren, intelligenten und empathischen Tiere und fallweise bieten wir Wanderungen oder Besuche auf der Eselfarm auch für Gäste – oft aus dem Ausland – an. Da, eigentlich ganzjährig, vor allem aber in den Sommermonaten, die Arbeit auf dem Hof nie enden will, bleibt auch gar nicht so viel Zeit für die Betreuung von Reisenden.
Ein grosser Obstgarten mit aus einem alten, aus kommunistischer Zeit stammenden, Baumbestand liefert köstliche organische Birnen und Äpfel.
Jeden Herbst ernten wir die Walnüsse von mehr als hundert Bäumen, trocknen sie und lösen sie später aus. Wir arbeiten dabei auch mit einer Behindertenwerkstatt zusammen.
Für Esel ein neues, artgerechtes Zuhause zu schaffen, ist die Hauptaufgabe auf unserer kleinen Farm. Elf Tiere betreuen wir zur Zeit und das bedeutet viel Arbeit – aber auch Freude.
Auf unserer kleinen Farm versuchen wir auch – fast wie einst die Siebenbürger Sächsischen Kleinbauern, die dieses Dorf gegründet haben und über hunderte Jahre als Selbstversorger gelebt haben – möglichst autark zu leben. Herrliches Biogemüse kommt aus dem eigenen Garten samt Gewächshaus, Hühner liefern Eier, Kartoffel und Mais bauen wir auf einem kleinen Feld an. Obst bietet der aus kommunistischer Zeit stammende grosse Obstgarten reichlich, dazu versorgen wir uns selbst mit Brennholz – und natürlich bestem Heu für die Esel. Es ist ein Leben, fast wie vor hundert Jahren, nur mangels Helfern versuchen wir, bestmöglich Traktoren und landwirtschaftliches Gerät zu nutzen – auch das benötigt viel Wartung, Reparaturen und Pflege. In einer kleinen Tischlerwerkstatt fertige ich zum Beispiel Türen und Tore oder restauriere alte Möbel.
In unserem Gemüsegarten reift köstliches Bio-Gemüse, mit dem wir uns frisch – oder für den Winter konserviert – ganzjährig selbst versorgen. Auch für köstliche Picknicks oder Mahlzeiten für Gäste gibt es noch reichlich.
Von den alten Weinstöcken, die früher jeden Siebenbürger Hof zierten, keltern wir eigenen Wein und einen Teil der Früchte verarbeiten wir zu Schnaps und Likören.
Naturbelassene Heuwiesen mit in Europa einzigartiger Biodiversität liefern das Futter für die Esel. Ein Duft von Wildblumen und Kräutern macht die Heuernte zwar zu einer mühsamen, aber auch sinnlichen Aufgabe.
Das Leben auf unserem kleinen Bauernhof ist geprägt von täglicher Arbeit, vom Wechsel der Jahreszeiten und sehr stark abhängig sowohl vom Wetter als auch der eigenen Leistungsfähigkeit. Es ist ein einfaches, verantwortungsreiches und oft auch mühsames Leben, aber es bringt auch viel Zufriedenheit und Freude mit sich. Urlaub gibt es so gut wie keinen und unter Luxus verstehen wir ein gutes selbstgekochtes Essen aus eigenen Zutaten, ein frisch gebackenes knuspriges Brot aus dem Holzofen oder ein Stück Obstkuchen.
Die Vorstellung, dass Landleben romantisch wäre, besteht nur in den Köpfen von Städtern, es ist aber sehr wohl – für den, der die Mühe nicht scheut – sehr befriedigend. Wir führen ein nachhaltiges Leben, im Zusammenspiel mit der Natur, die uns auch bestens versorgt.