Viele meiner Gäste fragen mich: „und wie ist es gekommen, dass du in Transsilvanien lebst?“. Meine Antwort beginnt meist mit „nun, das ist eine längere Geschichte…“. Viel wichtiger als die Frage nach dem „wie“ finde ich die Frage „und warum bist du immer noch da?“. Ich kenne viele Menschen aus dem reichen Westen, die ähnliche Ideen wie ich hatten – fanden das Leben im rumänischen Dorf attraktiv, romantisch vielleicht. Dazu sind Häuser oft sehr günstig und auch mit kleinem finanziellen Einsatz ist es möglich, sich hier anzusiedeln. Nun, und warum haben viele – vielleicht die meisten von ihnen – den Plan wieder aufgegeben? Ganz einfach: es ist nicht so romantisch wie man sich das vorstellt.

Da ist die fremde Sprache – die kann man erlernen – die sehr andere Mentalität der Menschen, die schlechte Infrastruktur und die oft sehr nervtötende Bürokratie, die dazu meist nicht zuverlässig ist. In den ersten Jahren in Cund hatte ich weder Mobilfunksignal, noch brauchbares Internet. Mit einer Antenne am Dach konnte ich – bei gutem Wetter – eMails empfangen. Um umfangreiche Websites zu betrachten oder gar Videos zu sehen, dazu war die Verbindung viel zu schwach. Bei jedem stärkeren Wind fiel der Strom aus, bei Schneefall waren die Zugangsstrassen unbefahrbar…
Manches hat sich in den Jahren geändert, für manches habe ich selbst – oft mit viel Aufwand – Lösungen gefunden.
Es gibt keinen öffentlichen Nahverkehr, also muss man auf jeden Fall selbst mobil sein. Es gibt keine Tankstelle, keinen Geldautomaten, keinen Laden, in dem man mit Karte bezahlen kann. Für jede Schraube oder jedes Stück Holz muss ich in die nächste Stadt fahren.

Dazu muss man viele Talente haben oder sich aneignen. Ich bin mein eigener Schornsteinfeger, Elektriker für kleine Probleme, Installateur, Zimmermann, Maurer, Landmaschinenmechaniker und Tierarzt.

Selbst für einfache Helfertätigkeiten finde ich oft keine Mitarbeiter, weil viele der Menschen am Dorf mittlerweile im Ausland in der Landwirtschaft, Altenpflege, Baugewerbe oder wo immer arbeiten. Andere sind angestellt, wieder andere haben einfach keine Lust zu arbeiten, es sei denn, sie benötigen gerade dringend Geld.

Die Frage, die ich oft höre (und mir selbst oft stelle) ist: „und warum tust du dir das an?“ Nun, die Antwort, die ich mir (und meinen Gästen) gebe ist: „ich weiss einfach keine bessere Alternative“. Ich bin hier mein eigener Herr, alle meine Entscheidungen und mein Einsatz haben unmittelbare, sichtbare Auswirkungen. Mache ich im Sommer nicht ausreichend Heu – und das ist, glauben Sie mir, wirklich harte, körperlich anstrengende Arbeit, mit vielen gebrochenen Geräten, Zeitdruck… – dann kommen meine Tiere nicht über den Winter. Schneide und hacke ich nicht genügend Brennholz – und Winter dauern lange in Transsilvanien – dann friere ich im Winter. Repariere ich Schäden an Hausdächern oder -technik nicht rechtzeitig, dann wird es über kurz oder lang zum Problem.

Das klingt alles nach viel Druck, zum Teil ist es das auch. Aber der Lohn dafür ist, ein Leben führen zu können, wie ich es mir vorstelle: inmitten herrlicher Natur, viel Freiraum, Leben mit Tieren, Menschen aus aller Welt treffen, die hier „meine Welt“ für eine kurze Zeit mit mir teilen wollen – all das ist den Einsatz wert. Ich habe meine eigene kleine Welt aufgebaut und Sie sind eingeladen, sie mit mir zu teilen.